Behindertensportverband: Schwimm-Nachwuchs gesucht

Talente finden, deren Begeisterung wecken und für eine optimale Ausbildung zu sorgen – das sind die Ziele der Nachwuchsförderung der Abteilung Schwimmen im Deutschen Behindertensportverband.

Die Suche nach Nachwuchsschwimmern im Behindertensport ist nicht einfach, aber es gibt erfreuliche Tendenzen. Foto: picture-alliance
Die Suche nach Nachwuchsschwimmern im Behindertensport ist nicht einfach, aber es gibt erfreuliche Tendenzen. Foto: picture-alliance

Die sehbehinderte Elena Krawzow trainiert in der ersten Leistungsgruppe des SSV Nürnberg unter Trainer Wolfgang Göttler – gemeinsam mit Schwimmern ohne Handicap. Die 19-Jährige wurde 2013 Weltmeisterin (100 m Brust) und war damit noch etwas erfolgreicher als die ein Jahr ältere Maike Naomi Schnittger (Dritte über 100 m Freistil). Auch Schnittger hat eine Sehbehinderung. Und schwamm dennoch vor ihrem Wechsel zum PTS Potsdam ihre täglichen Bahnen zusammen mit Nicht-Behinderten. „Ich fühle mich auch gar nicht behindert. Ich sehe eben nur etwas schlechter“, sagt die 20-Jährige, die ihr Abitur an einem Gymnasium meisterte und an der Uni Potsdam studiert – zusammen mit Nicht-Behinderten.

Ein weiteres Beispiel: Lea Stengel trainiert mit gleichaltrigen Leistungsschwimmern ohne Handicap in der fünften Klasse an der Eliteschule des Sports unter der Leitung von Harald Gampe. Die Elfjährige, der an einer Hand alle Finger fehlen, sei vollständig integriert und absolviere die gleichen Übungspläne wie ihre Trainingskameraden, erklärt Trainer Philipp Semechin vom Berliner Schwimmteam.

Große Willensstärke und Zielstrebigkeit

Diese Fälle zeigen: „Es gibt schon einige erfreuliche Tendenzen und positive Beispiele bei der Suche und Ausbildung unserer Nachwuchsschwimmer“, sagt Bundestrainerin Ute Schinkitz. Das sei das Ergebnis vieler Maßnahmen, Gespräche und Bemühungen. Gleichwohl schränkt die Bundestrainerin ein: „Wir haben noch viel Luft nach oben. Es gibt noch einiges zu tun.“ Das zentrale Stichwort: Berührungsängste abbauen. „Dort, wo es möglich ist, muss es das Ziel sein, auch Schwimmer mit Handicap in die normalen Trainingsgruppen zu integrieren“, betont Schinkitz.

Zumindest die Bereitschaft, einen gemeinsamen Weg auszuprobieren, sollte vorhanden sein. Und nicht, meist aus Angst vor eventuellen Schwierigkeiten, von Vorneherein mit Ablehnung reagieren. „Bei einer Schwerstbehinderung muss man abwägen. Wahrscheinlich ist es weder für die Athleten noch für den Verein sinnvoll“, weiß die Bundestrainerin. Bei minimalen Handicaps stelle die Integration aber, so zeigt die Praxis, kein Problem dar. Im Gegenteil: Beide Seiten können sogar voneinander profitieren. Schinkitz: „Selbst wenn Schwimmer mit Handicap im Wasser etwas langsamer sein sollten, bringen sie doch wichtige Charaktereigenschaften mit: beispielsweise den unbedingten Willen, ein Ziel zu erreichen.“ Das sei für die Entwicklung von Athleten mit und ohne Behinderung positiv.

Talente finden, Begeisterung wecken und optimal ausbilden

Talente finden, deren Begeisterung wecken und für eine möglichst optimale Ausbildung zu sorgen – das sind die ehrgeizigen Ziele von Lukas Niedenzu, seit Anfang des Jahres neuer Nachwuchsbeauftragter der Abteilung Schwimmen im Deutschen Behindertensportverband. Keine leichte Aufgabe für einen Ehrenamtler. „Das ist meist die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Man bräuchte eigentlich viel mehr Zeit, und stößt somit häufig an Grenzen. Dennoch macht es unheimlich viel Spaß“, erklärt der 23-Jährige und fügt hinzu: „Mir liegt es am Herzen, den paralympischen Sport, und speziell natürlich das Schwimmen, nach vorne zu bringen.“ Niedenzu bezeichnet es als reizvolle Herausforderung, beim Training die unterschiedlichen Handicaps zu berücksichtigen und die Schwimmer bestmöglich zu fördern. „Die Leistungsdichte im Behindertensport ist inzwischen meist so groß, dass wir genau so vorgehen, wie die Schwimmer ohne Handicap – nur eben individueller.“ Dabei bedarf es in der Regel einer Entwicklung über viele Jahre. Heißt: Je früher die Talente gesichtet werden, desto besser.

Eine Kirsten Bruhn, die schon vor ihrem Unfall Leistungsschwimmerin war, sich anschließend mit Hilfe des Sports wieder zurückgekämpfte und zum Aushängeschild wurde, gibt es nicht alle paar Jahre. „Solche Fälle wünscht sich aber auch niemand. Deshalb müssen wir unsere Kids möglichst frühzeitig von unten aufbauen, wenn wir in Zukunft mit der Weltspitze mithalten wollen“, betont Ute Schinkitz.

Dafür ist die Unterstützung von Trainern, Vereinen und Schulen erforderlich – eben auch im Bereich der Nicht-Behinderten. Um diesen eine Handlungsempfehlung zu erarbeiten und die bestehenden Berührungsängste abzubauen, wird es im Dezember mit den Vertretern der Landesverbände eine Klausurtagung zur Nachwuchsförderung geben. Damit es künftig mehr solcher Beispiele wie Elena Krawzow, Maike Naomie Schnittger und Lea Stengel gibt. Und die deutschen Schwimmer bei Europa- und Weltmeisterschaften oder den Paralympics weiterhin um Medaillen kämpfen.

Die EM Schwimmen findet statt vom 4. bis 10. August in Eindhoven (Niederlande).


  • Die Suche nach Nachwuchsschwimmern im Behindertensport ist nicht einfach, aber es gibt erfreuliche Tendenzen. Foto: picture-alliance
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